Ihr habt einen Faible für Whiskys aus dem Sherryfass? Dann solltet ihr euch unbedingt die in den Highlands gelegene Glendronach Destillerie und ihre Abfüllungen näher ansehen. Besonders in den letzten Jahren hat sich die Brennerei zu einer der Top-Whisky-Produzentinnen entwickelt und ist bekannt für ihre Whiskys aus dem Sherryfass. Einer der treibenden Kräfte hinter der Destillerie war der ehemalige Master Distiller (und damalige Teilhaber) Billy Walker, der bis 2017 in der Brennerei aktiv war, bevor er sie verkaufte und Teil von Glenallachie wurde. Heute herrscht Rachel Barrie über das Fasslager von Glendronach und hält die Qualität der Whiskys, wie ihr Vorgänger, sehr hoch.
Wir widmen uns heute dem Glendronach 21 Jahre, der Teil des Standard-Sortiments ist und somit jederzeit erhältlich sein sollte. Ich schreibe ganz bewusst “sollte”, denn der Glendronach 21 ist so beliebt, dass es nicht immer einfach ist, an eine Flasche zu kommen. Besonders nach dem Brexit und zu Corona-Zeiten scheinen die Versorgung mit Glendronach und speziell dem ältesten Kandidaten der Core-Range knapp zu sein und deshalb die Preise stark zu steigen. Während es den alten Glendronach vor ein bis zwei Jahren noch für knapp unter 100 Euro (ein unschlagbarer Preis für sein Alter) gab, so kosten die meisten Flaschen aktuell (2021) über 150 Euro – ein satter Aufschlag also.
Seinem kleinen Bruder, dem Glendronach 18 Jahre, ergeht es übrigens ähnlich, denn auch dessen Preis ist von damals 60 bis 70 Euro auf über 120 Euro angestiegen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Preise wieder etwas beruhigen und Glendronach zu seinem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis zurückkehrt. Dass wir allerdings ähnliche Preise wie früher sehen, wage ich noch zu bezweifeln.
Glendronach und der Mythos des Alters
Der ein oder andere von euch wird den Mythos rund um Glendronach und das wahre Alter ihrer Single Malts vermutlich kennen. Es geht um eine Periode von 1996 bis 2002, in der die Destillerie geschlossen war und sie keinen Whisky produzierte.
Hieraus ergibt sich allerdings ein “Problem”, denn der Glendronach 21 ist bereits länger im Handel erhältlich. Um allerdings ein Alter von 21 Jahren zu tragen, müsste der Whisky in der Zeit zwischen 1996 und 2002 destilliert und ins Fass gekommen sein. Da die Destillerie zu diesem Zeitpunkt allerdings geschlossen war, stellt sich die Frage, wie Glendronach solch alten Whisky überhaupt abfüllen und verkaufen kann.
Die einzige logische Konsequenz ist, dass der Whisky, welcher die letzten Jahre als 21-jähriger verkauft wird, noch vor der Schließung der Destillerie gebrannt sowie gelagert sein muss und somit deutlich älter als angegeben ist.
Man munkelt, dass diese Theorie während Besichtigungen der Destillerie bereits bestätigt wurde.
Es lohnt sich also beim Glendronach, auf den Bottle-Code unterhalb des Labels zu achten, denn womöglich habt ihr einen deutlich älteren Whisky in der Hand als das Etikett zeigt. Gleiches gilt übrigens für die jüngeren Whiskys aus dem Standardsortiment.
Glendronach 21: Seine Eigenschaften
Kommen wir nun zu den Eigenschaften des Glendronach 21 Jahre. Bei diesem Whisky kommt kein Farbstoff zum Einsatz, was für eine Destillerie dieser Größenordnung nicht unbedingt selbstverständlich ist und mir sehr gut gefällt. Ihr könnt also bereits an der Farbe des Whiskys sehen, wie intensiv das Fass gearbeitet hat. Darüber hinaus ist der Whisky nicht kältefiltriert.
Abgefüllt wird der Glendronach 21 Jahre mit einer erhöhten Alkoholstärke von 48 %, was mir ebenfalls sehr gut gefällt. Gelagert wurde er in zwei verschiedenen Fassarten: Nämlich in Oloroso- und Pedro Ximenez-Sherryfässern. Besonders die PX-Sherry-Fässer sollten dem Glendronach 21 im Vergleich zum jüngeren 18-Jährigen eine dominantere Süße verleihen. Dieser wird nämlich ausschließlich in Oloroso-Sherry-Fässern gelagert.
Was das Design der Flasche und Verpackung angeht, setzt Glendronach eher auf Understatement, wobei das klassische Label und die einfache Dose ihren ganz eigenen Charme besitzen und mir ebenfalls gut gefallen.
Der Zusatz “Parliament” im Namen stammt übrigens von den Krähen-Gruppen, die nahe der Destillerie in den Bäumen leben.
Tasting des Glendronach 21
Farbe
Mahagonifarben
Aroma
Der erste Geruch des Glendronach 21 ist sehr intensiv und startet mit getrockneten dunklen Früchten wie Datteln und Rosinen. Er wirkt alt, staubig und es schwingt eine Art muffiger Sherry-Rauch mit. Ich rieche Tabak und Leder. Als erstes steht meines Erachtens der etwas trockene Oloroso-Sherry im Vordergrund, wobei der PX-Sherry sich langsam aber sicher in Form von süßen klebrigen Aromen (vielleicht ein wenig Kirsche) nach vorne arbeitet. Neben den Früchten erinnert der Whisky mich an Weihnachtsgebäck und auch würzige Aromen mit Zimt, Holz und etwas Anis sind deutlich spürbar. Dunkle Schokolade begleitet den Geruch dauerhaft, wobei immer wieder Noten eines roten Apfels durchkommen. Der Geruch gefällt mir persönlich deutlich besser als bei seinem jüngeren Bruder, dem Glendronach 18 Jahre. Das Zusammenspiel aus Oloroso- und PX-Sherry funktioniert wunderbar und sie wechseln sich immer wieder ab. Die Aromen des Whiskys sind wirklich klasse – schön komplex und dunkel. Über die Zeit verliert er auch nicht an Aromen, sondern bleibt konstant intensiv.
Neben dem Geruch scheint sich der Eindruck des alten Sherry-Whiskys auch im Glas widerzuspiegeln. Er zieht lange, dicke Schlieren und wirkt von der Konsistenz her ölig.
Geschmack
Im Mund wird der Whisky sofort dickflüssig beziehungsweise cremig und der Eindruck aus dem Glas bestätigt sich. Er startet süß mit Honig und dunklen Früchten, wobei der PX-Sherry-Charakter im Geschmack klar die Oberhand gegenüber dem Oloroso-Sherry hat. Er breitet sich im ganzen Mundraum aus und wirkt intensiv mit deutlichem Sherry-Rauch, wobei ein paar spritzige Zitrus-Aromen in Form von Orange immer wieder aufblitzen. Er prickelt leicht auf der Zunge und die Würzigkeit kommt pfeffrig durch. Danach wird der Whisky trockener und bitter mit stark kakaohaltiger Schokolade. Darüber hinaus schwingen ebenso Tabak-Noten mit. Der Geschmack ist wirklich klasse und kann definitiv mit der komplexen Nase mithalten. Ich bin allerdings auch ein Fan von PX-Sherry-Abfüllungen, weshalb dieser Whisky genau meinem Beuteschema entspricht. Für mich dominiert bei diesem Single Malt im Geschmack eher der süße PX-Charakter, aber auch die älteren Komponenten, wie der Sherry-Rauch sowie die Würzigkeit – wirklich weltklasse.
Abgang
Hat man den Whisky einmal heruntergeschluckt, bleibt der Abgang lange bestehen. Besonders die Schokolade sowie der süße PX-Sherry-Geschmack verweilen lange am Gaumen. Honig, dunkle Schokolade sowie leichte Zimt- und holzige Aromen setzen sich am hinteren Mundraum fest und bleiben gefühlt eine Ewigkeit.
Fazit
Der Glendronach 21 hat nicht umsonst so einen guten Ruf. Nicht nur, dass der Whisky vom ersten Eindruck bis hin zum Abgang durchweg überzeugt, er war darüber hinaus auch noch preislich ein Kracher. Wer sich hiervon Flaschen für noch 90 Euro zurückgelegt hat, ist zu beneiden.
Mir persönlich gefällt vor allem das Zusammenspiel zwischen den Oloroso- und PX-Sherry-Fässern. Er ist nicht zu süß und klebrig, wie manch ein anderer Whisky aus dem PX-Sherry-Fass, aber auch nicht zu trocken, wie es bei dem ein oder anderen Oloroso-Whisky der Fall ist.
Der Glendronach 21 ist ein schöner intensiver Single Malt, mit dem man über lange Zeit Spaß haben kann und bei dem auch ein bis zwei Gläser am Abend reichen. Er zeigt immer wieder neue Facetten und ist für mich ein Paradebeispiel eines guten würzigen Sherry-Whiskys. Neben seinen vorzüglichen Aromen passen darüber hinaus auch die Eckdaten: Ein hohes Alter (was man auch schmeckt), nicht gefärbt sowie eine erhöhte Trinkstärke – so wünscht man sich seinen Whisky. Wer Whiskys aus dem Sherryfass mag und noch eine Flasche bis 130 Euro ergattern kann, der sollte definitiv zuschlagen. Allen anderen empfehle ich auf jeden Fall ein Sample dieses Single Malts.
91 / 100