Die traditionsreiche Spirituose Aquavit ist in Deutschland bislang noch recht unbekannt, erfreut sich jedoch ständig zunehmender Beliebtheit. In skandinavischen Ländern wie Norwegen, Dänemark oder Schweden kann der Kümmelschnaps jedoch auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Erfahre in diesem Artikel mehr darüber, was Aquavit eigentlich ist, wie er hergestellt wird und wonach er überhaupt schmeckt. Außerdem verraten wir dir, wie du den beliebten skandinavischen Kümmelschnaps am besten servierst und welche Cocktails du mit ihm kreieren kannst.
Was ist eigentlich Aquavit?
Aquavit ist eine hochprozentige Spirituose, die aus Skandinavien – insbesondere Norwegen und Schweden – stammt. Sie wird auch als Akvavit bezeichnet, wobei der Name auf die lateinischen Wörter für Wasser und Leben (aqua vitae) zurückgeht. Deswegen ist Aquavit auch als Lebenswasser oder Wasser des Lebens bekannt.
Während Aquavit im Mittelalter noch die überbegriffliche Bezeichnung für Branntwein war, benennt der Begriff seit 15. Jahrhundert und auch noch heute eine ganz bestimmte Spirituose, die fester Bestandteil der skandinavischen Ess- und Trinkkultur ist: Aquavit ist ein aus Getreide und Kartoffeln gebrannter Schnaps, der nach der Destillation mit Kräutern wie Kümmel und Dill aromatisiert wird. Damit ähnelt er dem Gin, der ebenfalls seinen charakteristischen Geschmack durch die Aromatisierung mit Gewürzen erhält.
Das schottische Pendant zum Aquavit ist übrigens der Whisky, auch wenn dieser nicht aromatisiert wird. Ebenso wie das skandinavische Nationalgetränk lässt sich Whisky mit Lebenswasser übersetzen, was die kulturelle Bedeutung der Spirituose deutlich erkennbar macht.
Herstellung und Produktion des Kümmelschnapses
Der erste schriftliche Nachweis für Akvavit lässt sich bis ins Jahr 1531 zurückverfolgen. Damals wurden dem Kümmelschnaps heilende Kräfte zugesprochen, was ihn schnell populär werden ließ. Grund dafür sind die enthaltenen Gewürze und Kräuter, wie insbesondere der Kümmel, dem eine lindernde Wirkung bei Magen- und Darmproblemen nachgesagt wird.
Aquavit wird aus einem reinen Neutralalkohol mit einem Alkoholvolumen von etwa 96 Prozent gewonnen. Die Basis dafür bieten Getreide und Kartoffeln. Nach der Destillation wird er je nach Rezeptur mit Kräutern versetzt – neben Kümmel sind vor allem Dill, Fenchel, Koriander, Zimt sowie Nelken beliebt. Die anschließende Reifung findet ähnlich wie bei Whisky in Holzfässern, beispielsweise Sherryfässern, oder in Edelstahltanks statt. Anschließend wird er vor der Flaschenabfüllung auf Trinkstärke verdünnt – der klassische Alkoholgehalt eines Aquavits liegt dann bei etwa 40 Volumenprozent.
Je nach Länge der Lagerung zeichnet sich Aquavit durch eine leicht gelbliche Färbung aus, die auch einen intensiven Braunton annehmen kann. Eine Ausnahme stellt klarer Aquavit darf, der auch als taffel Aquavit bezeichnet wird.
Aquavit ist auch heute noch für seine verdauungsfördernde Wirkung bekannt, beispielsweise nach einem besonders reichhaltigen und fettigen Essen.
Was ist Linie Aquavit und was macht ihn so besonders?
Der Kümmelschnaps der norwegischen Destillerie LINIE Aquavit gilt als etwas ganz besonderes und wird von Experten und Feinschmeckern für seinen guten Geschmack geschätzt. Bevor der gleichnamige Schnaps nämlich in den Handel kommt, hat er eine weite Reise hinter sich gebracht: Nachdem das Destillat in Sherryfässern aus Eichenholz abgefüllt wurde, lagern und reifen die Fässer 19 Wochen lang auf Schiffen, die mehrmals Äquator – also die Linie – kreuzen.
Die verhältnismäßig lange Reifung verleiht dem Aquavit ein feines und besonders mildes Aroma. Manche Menschen glauben auch, dass die Bewegungen des Schiffes sowie die frische Meeresluft zu dieser Geschmacksverbesserung beitragen.
Die traditionsreiche Herstellung des Linie-Aquavits geht auf eine Legende aus dem Jahr 1805 zurück: Ein Schiff, welches einige Fässer des Kümmelschnapses nach Übersee importieren sollte, kehrte stattdessen einige Monate beziehungsweise je nach Quelle Jahre mit der vollen Ladung an Aquavit zurück. Um den genauen Ablauf ranken sich auch heute noch viele Legenden, Fakt ist jedoch, dass der Norweger Jørgen B. Lynsholm einige Jahre später 1821 eine Aquavit-Destillerie gründete, deren Kümmelschnaps nach Südamerika und wieder zurück geschickt wird – der Linie-Aquavit war geboren.
Linie-Aquavit wird in Deutschland durch das traditionsreiche Handel- und Importunternehmen Eggers & Franke vertrieben und ist in den meisten Getränke-Fachhandlungen problemlos erhältlich.
Wie wird Aquavit getrunken – stilecht servieren
Aquavit gilt als Verdauungsschnaps und wird ebenfalls wie beispielsweise Jägermeister oder Underberg nach dem Essen getrunken. Bezüglich der Trinktemperatur gibt starke regionale Unterschiede: Im Gegensatz zu anderen Spirituosen wie Whisky und Rum wird Aquavit hierzulange bevorzugt eisgekühlt getrunken. Als Shot wird er klassischerweise in einem kleinen Schnapsglas serviert, welches im besten Fall ebenfalls gekühlt werden sollte.
In Skandinavien wird der Aquavit nach einem deftigen, fettigen Essen als Snaps auf den Tisch gebracht. Ein Weihnachtsmenü ohne den schmackhaften Kümmelschnaps ist hier undenkbar.
Norweger servieren das Lebenswasser – und insbesondere qualitativen Linie-Aquavit – im Gegensatz zu uns normalerweise bei Zimmertemperatur in einem Nosing-Glas, sodass die Aromen besser herausgeschmeckt werden können. Durch die Breite des Glases lassen sich nämlich neben den deutlichen Kümmelnoten viele weitere interessante Gerüche und Geschmackskomponenten ausmachen. Wer keine originalen Aquavit-Gläser besitzt, kann auch zu Grappa-Gläsern greifen, da diese den echten Gläsern sehr ähnlich sind.
Die Bezeichnung Zimmertemperatur ist bereits sehr alt und geht auf einen Zeitraum zurück, in dem unsere Wohnungen wesentlich weniger geheizt wurden als heute. Wie auch Wein sollte Linie-Aquavit deswegen bei etwa 18 Grad Celsius serviert werden. Hierfür kannst du den Kümmelschnaps vor dem Ausschenken für etwa eine halbe Stunde in das Eisfach legen.
Wer es ganz traditionell haben möchte, reicht zum Aquavit skandinavische Häppchen wie Hering oder das nordische Fischgericht Lutefisk. Dann dient der Kümmelschnaps nicht als Aperitif, sondern als Digestif.
Aquavit in Cocktails
In Norwegen oder Schweden stehen Aquavit-Cocktails und Longdrinks schon lange auf der Karte. Auch wenn hierzulande der skandinavische Kümmelschnaps lange Zeit als altmodisch und altbacken verschrien war, findet Aquavit heute häufiger Verwendung in modernen Cocktail-Kreationen. Immer mehr Barkeeper experimentieren mit der Spirituose und ersetzen beispielsweise den Whisky in Cocktail- und Longdrink-Klassikern durch Aquavit. Die Kümmelnoten harmonierten gemeinhin sehr gut mit sauren Komponenten wie Zitronen- und Limettensaft, sodass beispielsweise der Aquavit Sour immer häufiger auf Cocktail-Karten zu finden ist. Auch die Variante des Old Fashioned erfreut sich bei Kennern zunehmender Beliebtheit.
Immer häufiger spielt Aquavit zudem die Hauptrolle bei neuen Drink-Kreationen und bei Cocktail-Wettbewerben: Hierbei kommt häufig der qualitativere Linie-Aquavit zum Einsatz, da dieser durch besonders feine Kümmelnoten überzeugt und Longdrinks und Co. einen unverwechselbaren Geschmack verleiht. Die folgenden beiden Rezepte findest du bereits in vielen Cocktail-Bars und lassen sich auch schnell und unkompliziert zuhause ausprobieren:
„Linie Ginger“
Zutaten
- 4 cl Linie-Aquavit
- Frische Basilikumblätter
- Ginger Ale
- Gurkenscheibe
- Crushed Ice / Eiswürfel
- Crushed Ice in ein Longdrinkglas füllen und den Schnaps hinzugeben.
- Anschließend mit Ginger Ale auffüllen.
- Mit Basilikumblätter sowie der Gurkenscheibe garnieren.
„Nordic Storm“
Zutaten
- 5 cl Linie-Aquavit
- 1 cl Limettensaft
- Ginger Bier
- Limettenscheibe und Minzblätter
- Crushed Ice
Und so geht´s: Crushed Ice in ein Longdrinkglas füllen, Aquavit und Limettensaft hinzugeben. Anschließend mit dem Ginger Bier auffüllen und mit Limettenscheibe und Minzblatt garnieren.
Durch den günstigen Anschaffungspreis eignet sich Aquavit auch dazu, selbst zu experimentieren und eigene Cocktail-Kreationen zu schaffen. Entscheide dich für den Anfang dabei eher für kümmellastige Schnäpse, da diese mit den meisten Zutaten besser harmonieren als Dill-Varianten.
Bekannte Hersteller und Marken aus Skandinavien
Die Bezeichnung Aquavit ist trotz großer Bemühungen seitens der Hersteller immer noch nicht geschützt, was bedeutet, dass auch einfacher mit Kümmelessenz aromatisierter Schnaps unter dieser Begrifflichkeit vertrieben werden darf. Wer sichergehen möchte, ein Qualitätsprodukt zu erwerben, sollte deswegen auf bekannte Marken achten, die auf eine lange und traditionsreiche Geschichte zurückblicken können. Neben dem bereits vorgestellten Linie-Aquavit können wir dir die folgenden Marken empfehlen:
Aalborg Akvavit
Die Brennerei Aalborg Akvavit wurde bereits 1846 in der gleichnamigen dänischen Stadt gegründet. Als zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens ein besonderer Jubiläums-Aquavit auf den Markt gebracht wurde, war dieser so erfolgreich, dass er auch heute noch produziert und vertrieben wird. Der Aalborg Jubiläums Akvavit gilt als besonders fruchtig und besitzt feine Kräuter-Nuancen.
Bommerlunder Aquavit
Bommerlunder ist ein deutscher Aquavithersteller, dessen Produkt sich durch eine feine Kümmelnote gemischt mit Aromen von Anis auszeichnet. Der Kümmelschnaps reift dabei bis zu sechs Monaten in ausgewählten Eichenfässern. Die Geschichte des Unternehmens Bommerlunder geht sogar bis in das 18. Jahrhundert zurück. Es wird empfohlen, den Schnaps eisgekühlt zu genießen.
Borco Aquavit
Auch Borco Aquavit wird traditionell in Eichenfässern gelagert, teilweise kommen auch Sherryfässer bei der Reifung zum Einsatz. Bekanntestes Produkt ist hier der Helbing Aquavit, dessen Zusammensetzung auf einem alten Familienrezept basiert.
Trendgetränk Aquavit?
Erst der Whisky, dann der Gin und jetzt der Aquavit? Nahezu jedes Jahr wird der Spirituosenmarkt durch neue Entwicklungen und Trends geprägt, die Spannendes erwarten lassen. So hat beispielsweise die Produktion von Gin und damit verbunden auch die von Tonic Water in den letzten Jahren um ein Vielfaches zugenommen.
Auch immer mehr kleine Destillieren versuchen sich an neuen Entwicklungen und kreieren so neue Geschmackserlebnisse – ein Trend, der nicht nur der Spirituosenbranche, sondern auch uns Spirituosen-Genießern zu Gute kommt. Ist Aquavit das neue Trendgetränk? Diese Frage können wir dir natürlich nicht abschließend beantworten, aber wir sind uns sicher: Das Potential des skandinavischen Kümmelschnapses als neues Trendgetränk ist auf jeden Fall groß!